Zugspitzlauf in Lübars – Geschlechterkampf auf dem Müllberg

Was für ein Tag, dieser Freitag an dem meine erste Teilnahme an dem Lübarser Zugspitzlauf anstand. Was habe ich nicht für Horrorgeschichten von ihm gehört. Bloggerfeund Henrik hat ja ja von seinen Erfahrungen vor zwei Jahren berichtet, und auch die Erzählungen der anderen Teilnehmer des Berliner Läufer Cups im Vorfeld haben mich Vorsicht walten lassen. Hab mich deswegen auch entschlossen, die zwei Tage vor dem Lauf komplett aufs Training zu verzichten. In der vorigen Woche gab es ja drei Wettkämpfe innerhalb von 8 Tagen, da muss ein bisschen Kraft tanken auch mal sein. Besonders wenn‘s in zwei Wochen in die Marathonvorbereitung geht.

So habe ich heute Morgen mich einmal extra umgedreht und die Augen noch einmal geschlossen. Sohnemann hat sich gefreut wie ein Schneekönig, da ich ihn auch eine extra Runde vor dem staatlich subventioniertem Hypnosegerät mit dem für Kinder angepassten Frequenzbereich habe drehen lassen.

Pünktlich und erholt, nicht so wie letzte Woche(!), war ich bei der Startnummernausgabe. Die Unterschrift unter den Haftungsausschluss, in dem man den Veranstalter von jeder Schuld freispricht bei gesundheitlichen und sonstigen Vor- und Unfällen, bestätigte bei mir das Vorhaben doppelt, es erst mal vorsichtig angehen zu lassen. Relaxed wollte ich dann das Einlaufen abwarten, jedoch musste ich noch kurz Taxi spielen, da Lauffreundin Veronika, zu lange an Ihrer Gebäudebaukunst Lernanstalt blieb und spät dran war. Zum Glück habe ich mir das schon gedacht, und einen zweiten Helm mitgenommen, als wir am Tag zuvor über den Lauf gechattet haben und in Ihrer digitalen “Stimme” viel Optimismus in Ihrer Zeitplanung lag. Also nochmal rauf auf meinen chinesischen Knatter Retroroller und kurz mal Vero vom nächsten S-Bahnhof abgeholt.
Vero: Mitte Zwanzig, Italienerin, Architekturstudentin, Nebenjob Hostess, habe ich übrigens mal beim BerlinCup beim Pankower Frühlingslauf kennengelernt, wo sie nach der ersten Runde an mir vorbei gezogen ist, und ich mir gesagt habe, dass dieser Hintern nicht zu weit weg vor mir rennen darf. Dann hatten wir uns ein hartes Rennen geliefert. Sie ist übrigens Erste bei den Frauen geworden, wie auch bei (fast) jedem anderen Lauf, wo sie mitmacht. Damals konnte ich es im Endspurt für mich entscheiden. Für mich als teilchauvinistisches Weicheiüberbleibsel aus dem letzten Jahrtausend ist es natürlich auch ein Erfolg, dass keine Frau vor einem war. Letzte Woche ist sie mir aber zwei Minuten davon gelaufen, aber da war ich ja auch gehandicapt. 🙂

Zurück nach Lübars: Vor dem Start hat natürlich mein Musikdudler seinen Dienst versagt, man sollte die Dinger ja auch energetisch aufgeladen zum Wettkampf mitnehmen, und ich musste dann auch noch mit Erschrecken feststellen, dass die gesamte Berlin Cup Konkurrenz angetreten ist. Meine heimliche Hoffnung, dass die „Anderen“ diesen anstrengenden Lauf auslassen würden, so dass man selbst ein paar Pünktchen mehr abstauben kann, wurde wohl auch von allen „Anderen“ geteilt: Ade Plätzsche auf de Treppsche!

Der Start war pünktlich um 19:00, das Wetter mit 20°C und ein paar Wolken, kaum Wind.

Erste Runde ganz locker habe ich mit Vero abgemacht, bin aber nach 300 Metern bei der ersten Steigung an Ihr vorbeigezogen. (Hehe!) Die zweite Steigung ist schon eklig, da muss man in Serpentinen hoch und dann sofort wieder runter. Und das ist echt steil. Dritte Steigung auf dem Naturweg hat’s auch in sich, da die Steigung dort ziemlich lang ist sanft anfängt und immer härter wird. Das war’s also, so sieht die Runde aus, na dann kann es ja jetzt losgehen denk ich mir. Aber wo angreifen und vor allen wen, Vero ungefähr 200m hinter mir, sonstige Konkurrenz sehe ich nicht, und das Mädchen (schätze Weibliche Jugend B), die am Anfang losgelaufen ist wie Haile, hab ich auch schon hinter mir gelassen. Oh ja, das hätte wehgetan, nicht nur das eine Frau vor mir gewesen wär, nein sie wär auch noch 14 Jahre alt. Einen besseren Beweis was für ein alter Sack man schon ist, kann’s ja wohl nicht geben. So lief ich im Wohlfühlbereich erst mal weiter. Aber auf Vero ist Verlass. Dritte Steigung zweite Runde zieht sie an mir vorbei. 10, 20, 30 Meter grade bei den Abstiegen, sind Ihre langen schlanken Beine gegenüber meinen Möchtegern Kraftbolzen im Vorteil. Als erste Frau im Feld wird Ihr natürlich applaudiert und zugejubelt. Ich habe das Gefühl, dass sie das extra motiviert. Wie ein schäbiger Parasit pirsche ich mich also wieder an sie ran, um mich in Ihrer Aura zu laben und Teil zu haben an der Bewunderung der umstehenden Zuschauer. Ach so ein Quatsch, die Jubeln mir zu nicht Ihr; jaaa, so ist gut, die ganze Energie für mich! Und das Ganze im Wohlfühlbereich, herrlich! Letzte Runde, letzte Steigung, ANGRIFF! Ich zieh da weg, wo es richtig hart wird, an Ihr vorbei, jetzt nur noch bergab und ins Ziel. Im Endspurt bin ich doch besser als Sie. Kurz vor Schluss macht mir ein Streckenposten Angst, da er den Weg zum Ziel versperrt und Leute nochmal die erste Steigung raufschickt. Hab ich mich verslesen? Ich dachte nur drei Runden. „Ach Du meine Scheiße, also jetzt nochmal da rauf? Das wird jetzt aber hart  mein Freund!“. Ich nehme Tempo raus, und sehe Vero schon im Ziel über mich lachen, wegen meinem verfrühten Endspurt. Das Gefühl kenne ich doch, hatte ich mal mit 16. Aber dann macht der Pfosten von Wegweiser eine Drehung und ruft „Letzte Runde zum Ziel durch“. Also was denn nun? Egal, Tempo hoch zum Ziel, die letzten 50 Metern, kann ich ja noch Sprinten, falls Vero in der Nähe ist.

Im Ziel dann vergessen auf den Stopknopf zu drücken, aber eine 53:09 müsste es gewesen sein. Platzierung unbekannt, da dort wohl alles manuell läuft. Vero war eine Sekunde hinter mir. Haben noch abgeklatscht, da wir ja fast zeitgleich gekommen sind ins Ziel.

Nach Ihrer Siegerehrung, hat Sie mir gesagt dass Sie mir heute Ihren Siegerwein und den den Platz vor Ihr geschenkt hat. Schließlich habe ich Sie ja heute vom S-Bahn Hof abgeholt… Sagte Sie und entschwand …

Auf dem Weg nach Hause, denke ich mir aber, „Soso… gewinnen lassen… das werden wir ja sehen. Steht ja 2:1 für mich.“ Ich bin ja heute auch nicht voll gelaufen und der nächste Lauf ist ja schon in einer Woche …

Lichtenrader Meile – Hitzeschlacht mit Katzenjammer

Endlich zurück von der Lichtenrader Meile. Gestern am Samstag war ich ja so brav, es war 21uhr, ich nahm mir ein Buch, das ich endlich fertig lesen wollte und legte mich ins Bett. Schließlich muss ich morgen früh aufstehen, und am Sonntag um 7 Uhr morgens ist bei allen Ehren früh! Jedoch passierte etwas was in unserer modernen Telekommunikationsgesellschaft mir schon lange nicht passiert ist:

Es klingelte an der Tür!

Das bloße an der Tür klingeln mag ja normal sein am Montag bis Samstag von 9:00 bis 15:00 Uhr,  wenn der Postbote kommt um mir oder einem Nachbarn ein Packet zu bringen. Aber am Samstagabend!? Ich hab ja niemanden eingeladen oder so… das kann nicht gut sein, kann doch nur die Polizei sein um mir den Kachelmannprozess im Namen irgendeiner geistig verwirrten zu machen, dachte ich mir…. Aber nee, die würden sich ja auch als Postbote tarnen und am Montag früh kommen. Nachdem ich doch sehr zögerlich den Knopf gedrückt habe, schlenderte so mein Freund C. in den Hausflur. Hausflur dunkel, er Sonnenbrille, Unschuldsmine und nettes Grinsen auf den Lippen. Sein IPhone geht nicht, also hat er es mal so versucht, ganz auf die Altmodische 🙂 Und ganz auf die Altmodische hat er auch zwei Bier mitgebracht. Zusammen mit dem einen in meinem Kühlschrank waren es also drei. Was für eine Teufelszahl! Drei kann man nämlich nicht durch Zwei teilen, und die “Sportsbar ist ja eigtl nur um die Ecke”… — … 4 Stunden später poste ich auf FB noch ein “helau und sweet dreams”, Freund H. hat noch geantwortet und mich auf seine Zeit vor zwei Jahren hingewiesen, die für mich ja in meiner Form ja kein Problem sein sollte. Ich entledigte den Lauf jeglicher Bürde des Konkurrenzverhaltens mit einem “morgen ist easy peasy” und war zu dem Zeitpunkt vollkommen überzeugt, eine Inkarnation eines doch nur “leicht dopenden” Athleten der antiken olympischen Spiele zu sein, denn ich habe ja heute auf Stierhoden und Hundeblut und Atropin verzichtet, deswegen das Leicht…

Das Leicht war aber schlagartig um 7:00 Uhr morgens weg, als der Wecker klingelte, und zwar alle 5min! Eine Stunde lang! Ich war zum Glück nicht in der Lage den Wecker auszuschalten, nur die Snooze Taste habe ich alle 5 Minuten gefunden. Jetzt weiß warum die Dinger so gebaut sind, dabei habe ich das am Anfang für einen Intelligenzausfall eines chinesischen Produktdesigners gehalten. So gesehen konnte es sich dann eigentlich doch nur um Produktpiraterie handeln. Nach der produktdesignbestimmten einstündigen Folter durch Einschlafverhinderung habe ich gefühlte 10 Jahre geduscht um zu mir zu kommen. Jahre harten Trainings können doch nicht umsonst sein. Und ich meine die Trainings auf beruflich bedingten “Abendessen”, wo Chefs, Kollegen oder Geschäftspartner keine Rücksicht darauf nehmen, dass morgen ein normaler Arbeitstag ist. “Wer feiern kann, kann auch arbeiten”, naja….. so war ich irgendwie auch um 09:00 doch pünktlich in Lichtenrade angekommen,  sah durch meine sehr dunkle Sonnenbrille, was für ein wunderschöner Tag es war: strahlend blauer Himmel, 32° im Schatten! Das erste Mal das ich so einen wundervollen Tag ECHT SCHEIßE fand. Einlaufen ging gar nicht! Mir war so richtig schlecht.

Dann auf einmal Startschuss, nur bedingt durch Schwarmintelligenz fange ich an mich zu bewegen, der Körper rebelliert und sendet: “Du läufst heute nicht durch”. Ich trete in Verhandlung, Tempo drosseln! Das gesamte Feld zieht an mir vorüber. Alle die mich kennen, sehen mich quasi stehen. “Was ist mit dem heute los”, meine ich den hämischen Gedanken der vorbeiziehenden Konkurrenz zu entnehmen. Die Strecke hat zwei Runden a 7,5km erinnere ich mich. Bei Kilometer 2 der Runde geht‘s einen ordentlichen Hügel hoch, Meine Gedanken drehen sich darum, wie ich mich beim Laufen am ökonomischsten übergeben kann, ohne noch mehr Zeit zu verlieren. Wie machen die Kenianer das, oder die Mocki? Die flennt doch auch öfter wie dreckig es Ihr geht? (Mocki, ich find Dich super!) — Aber dann Berg runter, nach 3km, Atmung normalisiert sich irgendwie, Kotzgefühl wird nicht schlimmer, ein Gefühl wie Kraft kommt zurück in die Beine, der Wasserstand verschafft Kühlung, ich denke an Forrest Gump: “Lauf Milosz, lauf!” Ich versetze mich in Trance, bei dem Restalkohol ja kein Problem. So kann‘s bleiben, nicht überpacen ist der einzige Gedanke… Da ist ja Hansi und da der Müller. Jetzt haste den und vielleicht schaffst Du auch noch den anderen? Und dann auf einmal: Zieleinlauf!

Wie? schon vorbei? Ich schau auf die Uhr 1:07:45! Hääää? Ist ja geil! Und 4ter Platz in der AK! H. hat doch was von einer 1:10 und einer 1:12 in den letzten Jahren erzählt….

FAZIT:

Eine gute Vorbereitung, geht auch nicht flöten, wenn man einen über(!) den Durst getrunken hat. Zumindest im Hobbybereich. Ein solides abwechslungsreiches Training ist Gold wert, und verzeiht auch mittelschwere Sünden. Aber mir tut heute nach 15km alles so weh, als ob ich einen Marathon gelaufen wär, und das will ich nicht wieder haben. Mit C. habe ich ausgemacht vor Wettkämpfen keine Besuche der altmodischen Art, sein IPhone geht ja jetzt wieder 😉 Und die Frage ist immer, was wäre ich gelaufen, wenn ich ganz frisch gewesen wär. Der Tag hat mich in der Tat so weit mitgenommen, dass ich das erste Mal einen Blog geschrieben habe. Zurück in der modernen Telekommunikationsgesellschaft sozusagen, mit jetzt zwei Erfahrungen mehr.

Und der nächste Lauf ist ja schon am Freitag…