Endlich zurück von der Lichtenrader Meile. Gestern am Samstag war ich ja so brav, es war 21uhr, ich nahm mir ein Buch, das ich endlich fertig lesen wollte und legte mich ins Bett. Schließlich muss ich morgen früh aufstehen, und am Sonntag um 7 Uhr morgens ist bei allen Ehren früh! Jedoch passierte etwas was in unserer modernen Telekommunikationsgesellschaft mir schon lange nicht passiert ist:
Es klingelte an der Tür!
Das bloße an der Tür klingeln mag ja normal sein am Montag bis Samstag von 9:00 bis 15:00 Uhr, wenn der Postbote kommt um mir oder einem Nachbarn ein Packet zu bringen. Aber am Samstagabend!? Ich hab ja niemanden eingeladen oder so… das kann nicht gut sein, kann doch nur die Polizei sein um mir den Kachelmannprozess im Namen irgendeiner geistig verwirrten zu machen, dachte ich mir…. Aber nee, die würden sich ja auch als Postbote tarnen und am Montag früh kommen. Nachdem ich doch sehr zögerlich den Knopf gedrückt habe, schlenderte so mein Freund C. in den Hausflur. Hausflur dunkel, er Sonnenbrille, Unschuldsmine und nettes Grinsen auf den Lippen. Sein IPhone geht nicht, also hat er es mal so versucht, ganz auf die Altmodische 🙂 Und ganz auf die Altmodische hat er auch zwei Bier mitgebracht. Zusammen mit dem einen in meinem Kühlschrank waren es also drei. Was für eine Teufelszahl! Drei kann man nämlich nicht durch Zwei teilen, und die “Sportsbar ist ja eigtl nur um die Ecke”… — … 4 Stunden später poste ich auf FB noch ein “helau und sweet dreams”, Freund H. hat noch geantwortet und mich auf seine Zeit vor zwei Jahren hingewiesen, die für mich ja in meiner Form ja kein Problem sein sollte. Ich entledigte den Lauf jeglicher Bürde des Konkurrenzverhaltens mit einem “morgen ist easy peasy” und war zu dem Zeitpunkt vollkommen überzeugt, eine Inkarnation eines doch nur “leicht dopenden” Athleten der antiken olympischen Spiele zu sein, denn ich habe ja heute auf Stierhoden und Hundeblut und Atropin verzichtet, deswegen das Leicht…
Das Leicht war aber schlagartig um 7:00 Uhr morgens weg, als der Wecker klingelte, und zwar alle 5min! Eine Stunde lang! Ich war zum Glück nicht in der Lage den Wecker auszuschalten, nur die Snooze Taste habe ich alle 5 Minuten gefunden. Jetzt weiß warum die Dinger so gebaut sind, dabei habe ich das am Anfang für einen Intelligenzausfall eines chinesischen Produktdesigners gehalten. So gesehen konnte es sich dann eigentlich doch nur um Produktpiraterie handeln. Nach der produktdesignbestimmten einstündigen Folter durch Einschlafverhinderung habe ich gefühlte 10 Jahre geduscht um zu mir zu kommen. Jahre harten Trainings können doch nicht umsonst sein. Und ich meine die Trainings auf beruflich bedingten “Abendessen”, wo Chefs, Kollegen oder Geschäftspartner keine Rücksicht darauf nehmen, dass morgen ein normaler Arbeitstag ist. “Wer feiern kann, kann auch arbeiten”, naja….. so war ich irgendwie auch um 09:00 doch pünktlich in Lichtenrade angekommen, sah durch meine sehr dunkle Sonnenbrille, was für ein wunderschöner Tag es war: strahlend blauer Himmel, 32° im Schatten! Das erste Mal das ich so einen wundervollen Tag ECHT SCHEIßE fand. Einlaufen ging gar nicht! Mir war so richtig schlecht.
Dann auf einmal Startschuss, nur bedingt durch Schwarmintelligenz fange ich an mich zu bewegen, der Körper rebelliert und sendet: “Du läufst heute nicht durch”. Ich trete in Verhandlung, Tempo drosseln! Das gesamte Feld zieht an mir vorüber. Alle die mich kennen, sehen mich quasi stehen. “Was ist mit dem heute los”, meine ich den hämischen Gedanken der vorbeiziehenden Konkurrenz zu entnehmen. Die Strecke hat zwei Runden a 7,5km erinnere ich mich. Bei Kilometer 2 der Runde geht‘s einen ordentlichen Hügel hoch, Meine Gedanken drehen sich darum, wie ich mich beim Laufen am ökonomischsten übergeben kann, ohne noch mehr Zeit zu verlieren. Wie machen die Kenianer das, oder die Mocki? Die flennt doch auch öfter wie dreckig es Ihr geht? (Mocki, ich find Dich super!) — Aber dann Berg runter, nach 3km, Atmung normalisiert sich irgendwie, Kotzgefühl wird nicht schlimmer, ein Gefühl wie Kraft kommt zurück in die Beine, der Wasserstand verschafft Kühlung, ich denke an Forrest Gump: “Lauf Milosz, lauf!” Ich versetze mich in Trance, bei dem Restalkohol ja kein Problem. So kann‘s bleiben, nicht überpacen ist der einzige Gedanke… Da ist ja Hansi und da der Müller. Jetzt haste den und vielleicht schaffst Du auch noch den anderen? Und dann auf einmal: Zieleinlauf!
Wie? schon vorbei? Ich schau auf die Uhr 1:07:45! Hääää? Ist ja geil! Und 4ter Platz in der AK! H. hat doch was von einer 1:10 und einer 1:12 in den letzten Jahren erzählt….
FAZIT:
Eine gute Vorbereitung, geht auch nicht flöten, wenn man einen über(!) den Durst getrunken hat. Zumindest im Hobbybereich. Ein solides abwechslungsreiches Training ist Gold wert, und verzeiht auch mittelschwere Sünden. Aber mir tut heute nach 15km alles so weh, als ob ich einen Marathon gelaufen wär, und das will ich nicht wieder haben. Mit C. habe ich ausgemacht vor Wettkämpfen keine Besuche der altmodischen Art, sein IPhone geht ja jetzt wieder 😉 Und die Frage ist immer, was wäre ich gelaufen, wenn ich ganz frisch gewesen wär. Der Tag hat mich in der Tat so weit mitgenommen, dass ich das erste Mal einen Blog geschrieben habe. Zurück in der modernen Telekommunikationsgesellschaft sozusagen, mit jetzt zwei Erfahrungen mehr.
Und der nächste Lauf ist ja schon am Freitag…